Zer­tretung

von Lydia Haider
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
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Nord
Dauer – ca. 1:25 Std., keine Pause
Eine Kooperation mit der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
Premiere
Sa – 13. Apr 24
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
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Wie mit einem System umgehen, das weibliche Stimmen lautstark übertönt? Das sie unentwegt instrumentalisiert, objektifiziert und degradiert? Das sich selbst konstant reproduziert und zum Naturgesetz stilisiert? Wer ist dieses System überhaupt? Dieser eine Mann in der U-Bahn? Andreas Gabalier oder der heilige Herrgott selbst? Gegen wen die Wut richten? Warum nicht Gewalt mit Gewalt erwidern, anstatt den Frieden zu wahren? Also dann: alles Männliche abschlachten! Doch um die patriarchale Unterdrückung endgültig zu stürzen, muss die Sprache selbst, das zentrale Instrument ihrer Machtausübung ebenfalls zerstört werden. Doch wie bringt man eigentlich die Sprache um?

Zwei Spielerinnen verlieren sich in ihrem Rausch, es entsteht ein Duell um und mit der Sprache selbst. Es folgen Sätze, die kein Ende finden, die in andere übergehen und abbrechen. Sätze, die sie hinwerfen, hinscheißen, herausreißen, herausdrücken müssen wie ein Kind. Kann es gelingen, die Sprache umzubringen, ohne den eigenen Körper, das einzige Mittel zur Ausübung der Sprache zu zerstören?

Lydia Haiders Text ist eine sprachgewaltige, ultimative Abrechnung, die sintflutartig in den Raum stürzt. Das Team um Glen Hawkins zeigt einen gewaltvollen Ausbruch, getrieben von der Sehnsucht nach einem befreiten Körper und dessen eigener Sprache. Zertretung ist eine Zusammenführung der beiden Stücke Zertretung - 1. Kreuz brechen. Also alle Arschlöcher abschlachten und Zertretung - 2. Sprache essen Abgott auf oder: Du arme Drecksfut Metzger von Lydia Haider.

In dieser Produktion wird Stroboskoplicht verwendet.
Inszenierung
Bühne und Lichtkonzept
Sounddesign
Licht
Michael Frank
Dramaturgie
Dramaturgische Beratung

Pressestimmen

Die deutsche Bühne
Manfred Jahnke, 14. Apr 24
Lydia Haider strukturiert ihren Text nach der Kreuzigungsgeschichte von Jesus Christus in vierzehn Runden. Glen Hawkins übernimmt diese Runden, nennt sie „Runs“. They reduziert den bei Haider stark ausgeprägten Bezug auf die Vorgänge um die Kreuzigung von Jesus, behält aber den Gestus ritueller religiöser Handlungen bei. …

Das Bühnenbild von Kanade Hamawaki überzeugt. Eine große Stärke in dieser Inszenierung ist das Sounddesign von Constantin Rinke, die mit liturgischen Anklängen ebenso arbeitet wie mit Anspielungen auf klassische und Popmusik. Er unterstützt entscheidend die Stimmungen der Szenen. Während Saba Hosseini eher den weicheren Part in diesem Spiel übernimmt, setzt Marie Schwanitz aggressive Untertöne. Beide überzeugen in ihrem Zusammenspiel. Ein spannender Theaterabend, der das Publikum grübeln lässt, ob Sprache mit Sprache abgeschafft werden kann.
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Theaterkompass
Alexander Walther, 14. Apr 24
In der subtilen Regie von Glen Hawkins … wird die Degradierung von Frauen zu Objekten zugleich scharf kritisiert.
Die beiden furiosen Darstellerinnen Saba Hosseini und Marie Schwanitz gestalten ihre Rollen rebellisch, sie wehren sich spontan und energisch gegen die Opferrolle, die man ihnen zugedacht hat. …

Die beiden Darstellerinnen steigern sich in ihre schwierigen Rollen mit Humor und exzentrischer Präzision hinein: … Gegen alles rebellieren diese Frauen: "Halleluja, bumstinazi!"

… In diesem Rausch entsteht ein atemloses Duell mit der Sprache, gefolgt von Bandwurmsätzen, die wirklich kein Ende nehmen.
Die Angst, den eigenen Körper durch die Vernichtung der Sprache zu zerstören, bleibt in dieser Inszenierung trotz der vielen Ironie immer spürbar. …

Starker Schlussapplaus, viele "Bravo"-Rufe für diese Kooperation mit der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg.
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Stuttgarter Zeitung
Kathrin Horster, 15. Apr 24
Zu Beginn stehen Saba Hosseini und Marie Schwanitz in knallroten Ritualanzügen mit übergroßer Kapuze aus Lkw-Plane im weiß gekachelten Bühnenportal, während ein Soundteppich aus Kirchen-glocken Ungutes verheißt. …

Zertretung ist angelegt als Verbalboxkampf in vierzehn Runden, die A und B über einen Buzzer an der Bühnenwand selbst einläuten. … Die szenische Einrichtung und Spielfreude überzeugen …

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vliestext
Oliver Pöttgen, 30. Apr 24
An Bildern roher Gewalt mangelt es Zertretung nicht. Gleich in der ersten von 14 „Runden“ geht es hart zur Sache, skandalträchtig hart. …

Es ist eine Freude, Zeuge dieser rasenden Wut zu sein. Einem Massaker am Maskulinismus, einem apokalyptisch-ekstatischem Rausch, der seinen Ausdruck auch im Wegschleudern von Kleidung findet. …

Ob biblisch oder nicht: Es ist nicht leicht, dem gesprochenen Wort in Zertretung zu folgen. … Vielleicht geht es aber weniger um das wortwörtliche Verstehen als vielmehr um die Effekte, die die Sprache transportiert. Selbst wenn das Gesprochene nur bruchstückhaft gehört und verarbeitet werden kann, kommt bei Zuhörenden an, dass sich eine Menge Wut und Hass auf die Verhältnisse entlädt.

Zertretung von Lydia Haider [bietet] in der Stuttgarter Inszenierung durch Glen Hawkins einen eindrücklichen Theaterabend, der anspruchsvolle Fragen zur Macht von Sprache mit Prisen komischer Absurdität verbindet. Auch das kraftvolle Spiel von Saba Hosseini und Marie Schwanitz beeindruckt.
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Ludwigsburger Kreiszeitung
Uta Reichardt, 22. Apr 24
…auch Peter Handke bekommt sein Fett weg, wobei sich dessen legendäres Sprechstück Publikumsbeschimpfung von 1966 vergleichsweise zahm gegen Lydia Haiders Zertretung ausnimmt, diesen exzessiven 90-minütigen Sprach-Beschimpfungs-Rausch, den Glen Hawkins als mutige Regie-Abschlussarbeit des Studiums an der Ludwigsburger Akademie für Darstellende Kunst (ADK) am Schauspiel Nord inszeniert.

… Nicht der Inhalt, sondern die Sprache ist hier entscheidend, und diese bringt das junge Ensemble in Hawkins Abschlussarbeit mit rauschhaften, schonungslosen Predigten auch über weite Strecken überzeugend auf die Bühne. …

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